Abgeschickt von Gast am 01 April, 2004 um 18:13:58:
Antwort auf: Gewährleistungseinbehalt von Michi am 23 Maerz, 2004 um 09:42:51:
Das Wichtige vorweg: Ich rate Ihnen dringend Ihr Bauwerk von einem Sachverständigen untersuchen zu lassen beispielsweise vom TÜV oder vom Verband privater Bauherren. Oft haben Pleitefirmen nichts mehr zu verlieren und bauen den größten Scheiß. Von außen ist das anfangs ganz wunderbar, aber mit der Zeit lommt verdeckt Schimmel und Rissbildung und ähnliches. Die Firma kennt Monate vor der Insolvenz schon den Kontostand und erledigt nur noch das Nötigste, was schon oft als Problem im TV oder auch in diesem Forum vorkam. Zwar kostet Sie ein Gutachter 1000€ aber das ist es in diesem Fall wert. Wählen Sie nicht wieder so einen Pleitefall sondern möglichst eine größere bekannte Institution, die einen Ruf zu verlieren und Haftungskapital vorweisen kann. Irgenwelche Fehler findt man am Bau immer und noch sind Sie in der glücklichen Lage das Geld nicht ganz gezahlt zu haben.
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Ja den Gewährleistungseinbehalt gibt es. Es ist aber fraglich, ob der bei Ihnen nicht ausgeschlossen wurde. Verträge über Bauleistungen sehen regelmäßig einen Gewährleistungseinbehalt vor. Dessen
Auszahlung ist häufiger Streitgegenstand. Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung
die Rechte des Unternehmers gestärkt.
Das Recht zum Gewährleistungseinbehalt ergibt sich entgegen einer immer noch weit verbreiteten
Auffassung weder aus dem Gesetz, noch aus Handelsbrauch. Der Bauherr ist
zum Einbehalt nur berechtigt, wenn der Bauvertrag ausdrücklich einen Gewährleistungseinbehalt
vorsieht. Auch die Bezugnahme auf die VOB reicht nicht aus, da § 17 Nr. 3 VOB/
B lediglich die Möglichkeit des Gewährleistungseinbehaltes vorsieht. Der Gewährleistungseinbehalt
wird zumeist mit 5 % der Vergütung vereinbart. Höhere Einbehalte sind zulässig,
mehr als 10 % werden von der Rechtsprechung nur anerkannt, wenn es sich um eine Individualvereinbarung
handelt und ein besonderer Grund für den hohen Sicherheitseinbehalt
dargelegt werden kann.
Da der Gewährleistungseinbehalt zu einer empfindlichen Schmälerung des Vergütungsanspruches
führt, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Unternehmer
die Möglichkeit der Ablösung durch Vorlage einer Sicherheit eingeräumt werden. Die
Bauverträge sehen dazu regelmäßig vor, dass selbstschuldnerische Bankbürgschaften
vorzulegen sind. Das ist zulässig. Bürgschaften auf erstes Anfordern dürfen hingegen nur
bei besonderen Risiken verlangt werden und müssen individuell ausgehandelt werden.
Sonst ist die Einbehaltsregelung unwirksam und der Unternehmer kann die volle Vergütung
verlangen (BGH, Urteil vom 2.3.2000 VII ZR 475/98).
Handelt es sich um einen VOB-Vertrag, so darf der Bauherr den Einbehalt nicht einfach
"einsparen", sondern muss ihn 3 Wochen nach Auszahlung der restlichen Vergütung an
den Unternehmer auf ein Sperrkonto einzahlen. Gemäß § 17 Nr. 5 VOB/B muss es sich
bei dem Sperrkonto um ein "Und"-Konto handeln, so dass über das Guthaben Bauherr
und Unternehmer nur gemeinsam verfügen können. Der hinterlegte Betrag ist zu verzinsen.
Die ordnungsgemäße Einzahlung muss der Bauherr dem Unternehmer auf Anforderung
nachweisen (§ 17 Nr. 5, 6 (3) VOB/B). Erfolgt die Einzahlung trotz Fristsetzung (angemessen
sind 8 - 10 Tage) nicht, verliert der Bauherr sein Einbehaltsrecht endgültig und
muss ohne Bürgschaftsvorlage auszahlen. Bei zahlungsschwachen Bauherren ist das ein
probates Mittel, die Vorlage der Bürgschaft zu vermeiden. Abweichende Geschäftsbedingungen
in VOB-Verträgen sind regelmäßig unwirksam.
Ärger gibt es häufig bei der Vorlage der Bürgschaft zwecks Auszahlung des Einbehalts.
Mitunter nimmt der Bauherr zwar die Bürgschaft entgegen, verweigert jedoch die Auszahlung
des Einbehaltes. Wie der BGH erst jüngst entschieden hat (BGH Urteil vom 13. September
2001 VII ZR 487/99) ist der Bauherr bei Vorlage der Bürgschaft grundsätzlich zur
Auszahlung des Einbehaltes verpflichtet. Auch Mängel, die bei Bürgschaftsstellung bekannt
sind, berechtigen nicht zur Zurückhaltung der Zahlung. Erst wenn der Sicherungsfall
eintritt, d. h. wenn sich der Unternehmer mit der Mangelbeseitigung in Verzug befindet und
bereits ein fälliger Zahlungsanspruch des Bauherrn auf Minderung, Kostenvorschuss für
Ersatzvornahme oder gar Schadenersatz besteht, kann der Bauherr die Auszahlung des
Einbehaltes verweigern. Er darf dann allerdings die Bürgschaft nicht einfach als zusätzliches
Sicherungsmittel behalten, sondern muss sie unverzüglich zurückgeben.
Hat der Unternehmer die Auszahlung zunächst unberechtigt verweigert und tritt der Sicherungsfall
zu einem späteren Zeitpunkt ein, so ändert dies nach der Entscheidung des BGH
nichts an der einmal begründeten Pflicht des Bauherrn, den Gewährleistungseinbehalt freizugeben.
Die pflichtwidrige Weigerung, den Einbehalt auszuzahlen, berechtigt den Unternehmer
grundsätzlich nicht dazu, die Ausführung von Mängelbeseitigungsarbeiten zu verweigern.
Hier ist der Unternehmer zur Vorleistung verpflichtet und würde dem Bauherrn mit der Arbeitseinstellung
nur ein Zurückbehaltungsrecht in die Hand geben.
An der vorstehend beschriebenen Rechtslage hat sich durch die zum 1.1.2002 in Kraft getretenen
Rechtsänderungen aufgrund des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nichts
geändert. Die VOB/B ist noch nicht an das neue Recht angepasst worden und gilt unverändert
fort. Bei BGB-Werkverträgen ist allerdings zu beachten, dass das Recht des Bauherrn
zur Kündigung oder Ersatzvornahme erleichtert wurde und sich dies auch auf die
Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts auswirken kann. Das neue Gewährleistungsrecht
gilt aber nur für Verträge, die im neuen Jahr abgeschlossen wurden.